Mittwoch, 22. August 2018

22.08.18 Vom Karwendelhaus über den Gjaidsteig nach Mittenwald

Auf diese Tour mitten durchs Gebirge habe ich mich besonders gefreut. Und wir waren uns auch sicher, nun genügend Kondition dafür erworben zu haben. Manchmal ist es gut, wenn man nicht weiß, was einen erwartet… Auch diese Tour habe ich unterschätzt, obwohl ich Beschreibungen davon gelesen hatte.

Der Wegverlauf durch die Latschen bis zur Bäralp ist vom Karwendelhaus recht gut zu sehen - aber nicht im Detail. Er ist von der Alm unterhalb der Hütte ausgeschildert mit Schwarz wie schwierig. Das glaubt man zunächst nicht richtig: soll man da wirklich über fünf Stunden zur Hochlandhütte unterwegs sein? Zunächst kamen wir auch gut voran, wenn man von einigen Kraxelstellen in der Nähe der Bäralp absieht. Dann wurde es zunehmend unwegsamer, felsdurchsetzt und es gab steile Stufen sowie stark erodierte Abschnitte zwischen den Wurzeln der Latschenkiefern. Es ging stetig bergab, bergauf, was den weiteren Verlauf bestimmen sollte. Als wir nach etwas weniger als zwei Stunden an der Bäralp ankamen, freuten wir uns darüber, dass wir so gut in der Zeit lagen. Es ging ein Stück relativ eben durch Latschen und einen Stück durchs Geröll. Nach einem kurzen Aufschwung kam die Grenzmarkierung Deutschland/Österreich, wir gingen also wieder nach Bayern. Kurz danach folgten drahtseilgesicherte Passagen, abwärts, dann wieder aufwärts. Drahtseile sind oft an abschüssigen felsigen, ausgesetzten Stellen angebracht. Aber: Dort hat man Fels, an dem man sich halten kann und wo man meist auch sicheren Stand hat. Für mich problematisch sind Stellen, die nicht gesichert sind und wo es ebenfalls schwierig ist, voran und gar nach oben zu gelangen. Davon sollten uns noch einige erwarten.

Der Steig verlief vorwiegend unterhalb der Raffelspitze, Hochkarspitze und Wörner durch Schutt. Dabei passierten wir mehrere Übergänge bzw. Erhebungen: Bäralpsattel, Kampenleitenjoch und Wörnersattel. Vor dem Kampenleitenjoch wurde der Steig derart steil und bot so wenig Tritte, dass wir kaum hinauf gekommen sind. Dummerweise lag genau dieser Abschnitt in der prallen Sonne. Es hat mir buchstäblich den Magen umgedreht. Das war natürlich nicht optimal auf einer so anstrengenden Tour. Ich merke zunehmend, dass ich bei solchen Touren nichts essen mag, auch zu wenig trinke und dass der Magen noch einige Stunden danach beleidigt ist. Da ans Umkehren aber auch nicht mehr zu denken war (wir wollten zurück zur Ferienwohnung), quälten wir uns weiter voran. An einem weiteren steilen Abschnitt bin ich auf die Knie gegangen und habe mich an Steinen hochgezogen. Am Kampenleitenjoch machten wir eine kurze Pause. Ich habe mich gezwungen, einen Müsliriegel zu essen und etwas zu trinken. Fortan trank ich immer nur einen oder zwei Schluck Wasser.

Glücklicherweise gab es auch wieder ebene bis weniger Steile Abschnitte, wo man sich etwas erholen konnte. Die Steilstufen, die darauf folgten, waren aber extrem fordernd. In mehr erschlossenen Gebieten wären da Drahtseile angebracht worden, wo man sich hinauf ziehen kann. Die Wege waren dort sehr festgetreten und bieten wenig Struktur, erfordern deswegen viel Kraft. Wir schafften es dann doch bis zum Wörnersattel (1.989 m): Unterhalb des Sattels gab es dann doch ein paar kleine, allerdings auch steile Serpentinen. Ich habe mich die ganze Zeit mit dem Gedanken motiviert, dass wir in der Hochlandhütte einkehren und dort etwas Kaltes mit Sprudel trinken können. Und tatsächlich war die Hütte vom Sattel aus schon zu sehen und weiter unten lag Mittenwald.

Der Weg dorthin, obwohl blau "leicht" markiert, war dann doch nicht so einfach, wie wir gehofft hatten. Auch dort gab es steile, erodierte Abschnitte und Felsstufen. Aber wir kamen nach 45 Minuten an der Hütte an und bekamen auch gleich die gewünschten Getränke. Das war der Energiekick, den wir für den Abstieg brauchten. Wir hielten uns auch nicht lange an der Hütte auf, denn Richtung Zugspitze braute es sich dunkel zusammen und es donnerte bereits. Der Weg von der Hütte ins Tal war dann auch gut zu gehen, so dass wir zügig vorankamen. Das Gewitter, das wir hörten, hat uns nicht erreicht. Wir kamen nach dieser sehr anstrengenden Tour wohlbehalten in unserer Ferienwohnung an.

Meist wird der Gjaidsteig von der Hochlandhütte aus und nach Übernachtung auf der Hütte begangen. Von Mittenwald braucht man etwa drei Stunden bis hinauf. Wir sind die Tour vom Karwendelhaus gegangen und im Abstieg war die Verlängerung bis Mittenwald machbar. Ich kann nicht beurteilen, in welcher Richtung der Steig anstrengender ist. Es war ein absolutes Highlight, landschaftlich ein Traum - aber ich möchte ihn nie wieder gehen. Wir waren insgesamt 8 ½ Stunden unterwegs und haben 19 Kilometer zurückgelegt bei 1.590 Höhenmetern Anstieg und 1.020 Höhenmetern Abstieg.

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