Während wir in gleichmäßigen Serpentinen bergauf gehen, wird uns allmählich klar, dass wir die richtige Wahl getroffen haben. Man ist etwa 2 ½ Stunden bis zur Hütte unterwegs; an solche Aufstiege muss man sich erst einmal gewöhnen, wenn man aus dem Flachland kommt. Am Ochsenboden kann man auf einer Bank rasten. Von hier aus kann man die Dammkarhütte bereits sehen, ebenso die etwas weiter entfernte Hochlandhütte. Es geht noch einmal ein Stückchen bergab, bis dann der Weg unterhalb der Felsen verläuft. An einer Wegkreuzung folgen wir der Ausschilderung zur Dammkarhütte. Durch Latschen geht es in Serpentinen bergauf. An den Felsen sehen wir Tiere, können aber nicht erkennen, ob es sich um Gämsen oder eventuell Schafe handelt. Ein Fernrohr dabei zu haben, ist in so einem Fall nicht schlecht – unseres liegt leider in der Ferienwohnung…
An der Dammkarhütte machen wir eine Pause; man kann hier etwas trinken und eine Kleinigkeit essen. Mir ist es noch zu früh zum Essen, da ich reichlich gefrühstückt habe, aber ein großes Glas Spezi ist ein perfekter Energiespender. Wir haben das Gefühl, genau die richtige erste Hochgebirgstour in diesem Jahr gewählt zu haben. Christian hält sich erstaunlich gut; die Ferse macht noch keine Probleme. Deshalb gehen wir weiter bergauf Richtung Westliche Karwendelspitze. Die Dauer ist mit 2:55 Gehzeit angegeben, aber es muss auch möglich sein, einfach zur Seilbahn abzubiegen, ohne den Gipfel zu besteigen. Es ist ja gut, Alternativen zu haben. Der weitere Aufstieg zieht sich doch noch in die Länge. Zunächst geht es steil im Geröll bergauf. Man muss ein bisschen gucken, wo man am besten geht, aber der Geröllhang an der Zugspitze ist weitaus steiler. Dann wird der Weg wieder angenehmer. Immer geht es noch ein Stück und noch ein Stück weiter nach oben. Viele Wanderer, die uns von oben entgegen kommen, haben mit dem Abstieg zu kämpfen, vor allem, wenn sie keine Teleskopstöcke dabei haben. Wir haben den Eindruck, dass der Aufstieg leichter als der Abstieg ist. Aber es zieht sich… selbst dann, als man schon hinüber zur gegenüberliegenden Bergkette blicken kann, geht es noch weiter bergauf. Einen Eingang zum Berg mit der Aufschrift: „Bergbahn“ ignorieren wir: wir halten es für ein Gebäude zur Wartung der Anlage.
Wir gehen also weiter bergauf; der Weg ist hier durch einige Holzstufen versichert worden, die etwas Trittsicherheit im Schutt bieten. So erreichen wir die Dammkarscharte, wo ein steifer Wind bläst. Ein Wanderer, der mit uns ein Stück aufgestiegen war, kehrt um, weil er Drahtseile gesehen hat, und geht hinunter zum Tunneleingang, von wo aus man die Bergbahn erreicht. Wir wollen uns das Drahtseilstück aber ansehen; zum Absteigen haben wir eigentlich keine Lust. Von einem Paar, das dort ebenfalls unterwegs ist, erfahren wir, dass man innerhalb von fünf Minuten die Bergbahn erreicht. Das Drahtseil versichert einen kurzen ausgesetzten, etwas unwegsamen Abschnitt, der aber schnell überwunden ist. Ansonsten ist der Weg völlig harmlos. Bald sehen wir unter uns die Bergstation der Bahn – und gar nicht weit über uns ein Gipfelkreuz. Sollte das die Westliche Karwendelspitze sein? Bald entdecken wir den Wegweiser und beschließen, es zu versuchen. Reichlich 20 Minuten braucht man zum Gipfel, von der Bergbahn aus dauert es ein bisschen länger. Der Weg ist durchweg mit einem Stahlseil gesichert. Dies ist vor allem deswegen nötig, da der Fels an vielen Stellen schon sehr „abgewetzt“ und glatt ist. Aber mit entsprechender Vorsicht ist der Gipfel (2.385 m) gut zu erreichen, zumal man am Seil immer Halt findet. Die Aussicht ist natürlich wundervoll: wir sehen bis hinunter nach Mittenwald, hinunter auch zum Kranzberg, auf dem wir gestern waren, und natürlich auch hinüber zu den höheren Karwendelgipfeln: der Pleisenspitze, Birkkarspitze, Vogelkarspitze, der Östlichen Karwendelspitze… noch viele Traumgipfel locken in diesem Gebirge! Da aber immer mehr dunkle Wolken heranziehen und der Weg nach Mittenwald noch weit wäre, beschließen wir, mit der Bahn ins Tal zu fahren. Zuvor statten wir dem Riesenfernrohr einen Besuch ab und machen eine Kaffeepause im Restaurant. Eine rundum gelungene Tour, die uns einen ersten Eindruck von einem interessanten Wandergebiet vermittelt hat. 11,67 Kilometer waren wir unterwegs bei 1.862 Höhenmetern Anstieg und 542 Höhenmetern Abstieg. (Foto: Aussicht von der Westlichen Karwendelspitze)
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