Die Wetteraussichten hatten mich schon etwas verzweifeln
lassen. Freilich erwartet man nicht jeden Tag Sonne und einen wolkenlosen
Himmel im Hochgebirge, aber was angekündigt war: Gewitter, Starkregen, teils
sogar Unwetter zu Beginn unseres langersehnten Urlaubs – sowas kann einem schon
die Laune verderben. Aber ganz so schlimm wurde es nicht. Wir kamen bei Sonne in Tschagguns an. Die Rätikonkette, auf deren Anblick ich mich so
gefreut hatte, war allerdings von grauen Wolken verhangen, ebenso die
umliegenden Gipfel des Verwall. Immerhin konnten wir bei recht freundlichem
Wetter durch Schruns und Tschagguns bummeln: es ist wunderschön und erholsam hier,
die Orte sind ruhig, überschaubar und gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln
erreichbar, was für uns wichtig ist.
Für heute waren die Aussichten nicht rosig. Leichter Regen
am Morgen, die Berggipfel wolkenverhangen. Kurzzeitig sollte es aufklaren, für den
Nachmittag war stärkerer Regen mit Gewittern angekündigt. Wir entschlossen uns,
von Schruns aus mit der Hochjochbahn hinauf zum Hochjochstock zu fahren, um
dort oben eine kleine Runde zu gehen. Angenehm überrascht waren wir, dass auch
die Sennigratbahn fuhr: keine Kabinenbahn, sondern ein Sessellift. Wir sparten
uns also den Serpentinenweg und fuhren ziemlich weit hinauf. Hier oben soll die
Aussicht wundervoll sein, aber davon bekamen wir nichts mit: das Tal lag im
Nebel und auch die umliegenden Berge waren nicht zu sehen. Der Wegweiser zeigte
an, dass die Wormser Hütte in 15 Minuten zu erreichen sei. Also gingen wir
dorthin und stiegen links der Hütte noch auf ein bisschen auf dem Grat herum.
Da es aber nass war, bald ziemlich ausgesetzt wurde und wir keine Stöcke dabei
hatten, kehrten wir um und in die sehr gemütliche Hütte ein. Ob wir noch weiter
Richtung Kreuzjoch gehen würden? Der Weg war trotz des trüben Wetters gut zu
sehen und sah auch gut begehbar aus; also entschlossen wir uns, noch ein Stück
weiter zu gehen. Bald sahen wir dann schon das Gipfelkreuz vor uns. Unterhalb
des Gipfels musste man sich gelegentlich mit den Händen am Fels abstützen, aber
das war nicht weiter problematisch. Da waren wir doch ziemlich schnell (dank
der Bergbahnen) auf 2.395 Metern angekommen. Der weitere Weg zur Zamangspitze
lockte uns und wir beschlossen, weiter zu gehen, solange der Weg gut war und
keine Gewitter aufzogen. Man hätte auch links herum den „Seenweg“ nehmen
können, der an Herzsee und Schwarzsee vorbei zurück zur Wormser Hütte führt. Der
Weg zur Zamangspitze führt etwas unterhalb des Grates entlang, über den wir bei
diesem Wetter keineswegs hätten kraxeln wollen. Der rot-weiß markierte Weg ist
ein wirklich gut begehbarer Bergpfad. Ein blau-weiß markierter alpiner Steig
führt über den Grat hinauf zur Zamangspitze. Bei schönem Wetter hätte ich ihn
gern ausprobiert: vom Gipfel aus sah er, soweit ich sehen konnte, machbar aus.
Aber die Verhältnisse heute sprachen eindeutig für rot-weiß. Auch der letzte
Wegabschnitt zum Gipfel ist nicht schwierig, gut markiert und wir hatten trotz
des Nebels keinerlei Bedenken, hinaufzusteigen. Mit uns waren noch zwei
Wanderer auf den Weg hinauf. Oben angekommen, beglückwünschte man sich zum
Gipfel – 2.386 m, der zweite dieses Tages, womit wir gar nicht gerechnet
hatten. Die berühmte Aussicht zur Silvretta hatten wir freilich nicht, aber es
wurde, entgegen der Wettervorhersage, zwischenzeitlich etwas heller. Wir
entschlossen uns daher, nicht Richtung Kreuzjoch und zur Bergbahn zurückzukehren,
sondern den Weg hinunter nach St. Gallenkirch zu nehmen. Die Zeit war mit 2 ½
Stunden angegeben; wir haben aber deutlich länger gebraucht. Der Weg führte
zunächst durch Latschenkiefern hindurch, weiter über Almwiesen und durch den
Wald, an der Zamangalpe und Tanafreida Maisäß vorbei. Wir hätten vielleicht
besser die Fahrstraße entlang gehen sollen, aber wir befürchteten, dadurch viel
Zeit zu verlieren. Der rot markierte Wanderweg führte direkt und recht steil
hinunter ins Tal. Besonders im Wald mussten wir sehr aufpassen, da Wurzeln,
Steine, teils auch der Waldboden rutschig waren – und unsere Wanderstöcke
befanden sich in der Ferienwohnung. Wir haben uns jeder einmal auf den
Hosenboden gesetzt, sind aber letztlich gut, wenn auch müde, in St. Gallenkirch
etwas unterhalb des Ortszentrums angekommen. Zu unserer Freude verkehrt der Bus
nach Schruns relativ häufig, nachmittags sogar alle halben Stunden, so dass wir
nicht lange warten mussten. Zurück gelaufen wären wir nur, wenn es gar keine
andere Möglichkeit gegeben hätte. Dieser Abstieg bei unserer ersten
Alpenwanderung war doch recht anstrengend. Mit dem Wetter haben wir wirklich
Glück gehabt. Erst am Abend begann es wieder zu regnen.
14,8 Kilometer von Tschagguns aus gerchnet, 1.880 Hm im Abstieg, kleine
Anstiege (nicht ausgewertet)
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